Generativität bezeichnet die menschliche Fähigkeit, individuell und kollektiv um das gegenseitige Angewiesensein der Generationen zu wissen und dies im individuellen und kollektiven Handeln umsetzen zu können, zu sollen und zu wollen.

Familien – Generationenbeziehungen

1989 richtete das Land Baden-Württemberg an der Universität Konstanz einen Forschungsschwerpunkt «Gesellschaft und Familie» ein, dessen Tätigkeit in der Folge laufen durch Arbeitspapiere dokumentiert wurde (Zf. 8). Ferner liegen zwei Buchpublikationen vor:

  • Frank Lettke, Andreas Lange (Hrsg.) Generationen und Familien. Frankfurt 2007.

  • Andreas Lange, Wolfgang Lauterbach (Hrsg.) Kinder in Familie und Gesellschaft. Stuttgart 2000.

Den familienwissenschaftlichen Arbeiten lagen folgende Orientierungen zugrunde:

  • «Familie» lässt sich – mit einer paradoxen Formulierung – als eine in der Natur des Menschen angelegte kulturelle Aufgabe verstehen. Sie ergibt sich aus der Notwendigkeit, dass Kinder während mehrerer Jahre von Älteren zu umsorgen, zu pflegen und zu erziehen sind. Darum ist es naheliegend, für das Verständnis von Familie vom Primat der Generationenbeziehungen auszugehen (5.62). Die Regelung und Gestaltung der Beziehungen zwischen den Eltern und Verwandten ist wichtig, jedoch subsidiär.

  • Da Sorge, Pflege und Erziehung maßgeblich durch Wissen und kumulierte Erfahrungen unter je spezifischen Lebensbedingungen beeinflusst werden, kann davon ausgegangen werden, dass von jeher eine Mannigfaltigkeit familialer Lebensformen bestand (Zf. 1.19, 4.39, Zf. 5.91). Sie wurden indessen angesichts der Tragweite der Aufgabe für die individuelle und gemeinschaftliche Entwicklung mehr oder weniger streng normiert, was wiederum zu verdeckten oder offenen Widersprüchen führte sowie den Anstoß für Alternativen gab und gibt (4.52).

  • Vor dem Hintergrund dieser anthropologischen Prämissen haben wir in den gegenwartsbezogenen Analysen vor allem zu folgenden Themen gearbeitet:

    • Die Einbettung der Familienforschung in gesellschaftliche Dynamiken, die als «Postmoderne» charakterisiert werden, (Zf. 2.4, 4.18, 4.45)

    • «Familienrhetorik» (4.43, 4.44, 4.61, 5.35), d.h. die soziologische Analyse der Begründung von Familienpolitiken, (Zf. 1.19) und die Sozialberichterstattung über Familie (4.56)

    • Untersuchungen über Elternbildung (4.21, 5.20)

    • die Gestaltung der Beziehung erwachsener Kinder zu ihren Eltern (4.31, 5.42, 5.43)

Was den mehrdeutigen Begriff der Generation betrifft, kennzeichnen folgende Prämissen, die gemeinsam von mir mit anderen entwickelte Perspektive (Zf. 1.18, Zf. 2.7):

  • Generationenzugehörigkeiten verweisen auf die Zuschreibung individueller und kollektiver Identitäten

  • Die Gestaltung von Generationenbeziehungen erfordert den Umgang mit Differenzen in Spannungsfeldern wie Autonomie und Dependenz, Innovation vs. Reproduktion

  • Unter den heutigen gesellschaftlichen Bedingungen entwickelt sich ein neues Verständnis von Generativität. Gemeint ist nicht, wie bisher, eine Verpflichtung lediglich der Älteren, sondern das Wissen um das gegenseitige Angewiesensein der Generationen. Dieses gilt es auch im Handeln zu bedenken.

Diese Einsichten verweisen auf die Notwendigkeit des «Dialogs zwischen den Generationen» (4.94) und einer Generationenpolitik (4.85, 4.87)

Zusammenfassende Analysen demographischer und soziologischer Daten überwiegend monographische Art zu den Themen Familien und Familienpolitiken beziehen sich auf Deutschland (Zf. 1.7, Zf. 1.11, 4.56, 4.65, 4.70, 5.33) und die Schweiz (Zf. 1.8, Zf. 1.12, Zf. 1.19, Zf. 2.3, Zf. 2.6).

Die internationale Zusammenarbeit in diesem Feld dokumentieren zwei Sammelbände, die in der Folge von Symposien am Konstanzer Forschungsschwerpunkt entstanden (Zf. 2.3, Zf. 2.6) sowie das im internationalen Netzwerk «Generationes» (gegründet 2014) in mehreren Schritten entstandene Kompendium «Generationen, Generationenbeziehungen, Generationenpolitik», zuletzt in 17 Sprachen in einem simultanen Format (2.14).